Dr. Oetker Stories
Seit 125 Jahren hat Dr. Oetker seinen Hauptsitz an der Lutterstraße und macht Bielefeld damit zur Puddingstadt.
19.11.2025 • Geschichte
Seit dem Umzug aus der Apotheke in die Lutterstraße hat sich in den letzten Jahrzehnten viel getan. Auf dem Firmengelände gab es neben der Produktion und den typischen Räumen für die Mitarbeitenden auch ein paar andere außergewöhnliche Gebäude, wie zum Beispiel Stallungen, einen leuchtenden Werbeturm und sogar ein Badehaus.
1891 eröffnete Dr. August Oetker seine Apotheke in der Bielefelder Niedernstraße 3. Dort entwickelte er sein Backpulver Backin und begann mit dem Verkauf erster Artikel für die schnellere und einfachere Küche. Die hohe Nachfrage überstieg schnell die Produktionskapazitäten der kleinen Apotheke, sodass Dr. August Oetker 1900 in die Fabrik an der Lutterstraße umzog. 1912 wurde der Backpulverbau bezogen, in welchem Vanillezucker, Backpulver und die Einmachhülfe produziert wurden. Zwei Jahre später eröffnete direkt gegenüber der Puddingpulverbau zur Produktion von Puddingpulver. In den beiden Obergeschossen des Gebäudes befanden sich Abfüll- und Mischsäle und auf dem Dachboden wurden die Rohwaren gelagert.
In den nächsten Jahren wurde das Firmengelände um die Lutter-, Steinmetz- und Scharnhorststraße durch Neubauten erweitert, sodass sich bis in die 1940er Jahre insgesamt 14 Gebäude auf dem Gelände befanden. Darin lagen die Büros unter anderem für die Verwaltung, die Geschäftsführung und das Marketing, insbesondere im sogenannten Stammhaus, wo auch Dr. August Oetker bis 1918 sein Büro hatte. Außerdem gab es Werkstätten, eine Wäscherei, Näherei und Bügelei - und auch Gasthäuser konnte man auf dem Gelände finden. An der gegenüberliegenden Robert Bunsenstraße war die Sozialabteilung mit Räumlichkeiten für ärztliche Untersuchungen. Außerdem wurden mehrere Gebäude für die Papierverarbeitung genutzt, um Beutel und Faltschachteln für die Produkte herzustellen. Natürlich gab es auch verschiedene Orte für die Lagerung von Materialien oder Produkten sowie Fabrikationsräume. Heute ungewöhnlich, damals aber normal: Auf dem Gelände befanden sich sogar Stallungen, in welchen bis zu zehn Pferde untergebracht werden konnten.
1925 übernahm Dr. Oetker Teile der ehemaligen Spinnerei Vorwärts in Brackwede, um den dort vorhandenen Gleisanschluss für den Produktversand nutzen zu können. Das Gelände wurde außerdem für weitere Lagerfläche und Produktion genutzt und beherbergte Büros. Heute befindet sich dort der Produktionsstandort Brackwede, der in diesem Jahr sein hundertjähriges Bestehen feiert. Mehr über die Entwicklung des Standortes und was es heißt, bei Dr. Oetker zu arbeiten, finden Sie hier:
1936 gab es einen besonders großen Wandel auf dem Firmengelände. Die drei Bauten an der Lutterstraße wurden abgerissen und innerhalb eines Jahres neu gebaut. Dadurch wurden die Gebäude auf die Bedürfnisse des Unternehmens und seiner Mitarbeitenden angepasst. Der Neubau hatte größere und hellere Räume, die umsichtig gestaltet wurden, da tägliche Betriebsbesichtigungen als Werbemaßnahme stattfanden. Im Keller und im Erdgeschoss befanden sich Gardeoben und Räume für die Mitarbeitenden sowie Vortrags- und Vorführungsräume. Auch die Betriebsküche und der Speisesaal waren hier untergebracht. Die Einrichtung des Speisesaals ging auf Ida Kaselowski zurück, denn die Mitarbeitenden sollten nicht neben den Maschinen essen müssen und mindestens eine warme Mahlzeit am Tag bekommen. Sie ließ auf dem Firmengelände ebenso eine Kinderkrippe einrichten.
Im ersten Obergeschoss befanden sich die Betriebsbüros und Arbeitsräume für die Papierverarbeitung. Eine Etage darüber waren Maschinensäle der „Essenzenabteilung“ untergebracht – dort wurden Backaromen hergestellt. Unter dem Dach befand sich das chemische Laboratorium, weitere Büroräume sowie die Versuchsküche, welche bis heute Rezepte entwickelt. Zusätzlich zum Umbau wurde das neue Gebäude durch eine doppelstöckige Überführung über die Lutterstraße mit dem Puddingpulverbau verbunden. Der Bauprozess wurde auf Fotos festgehalten und in Fotoalben im Firmenarchiv aufbewahrt, wodurch wir noch heute einen Blick auf die Umbauten werfen können:
Die Bombardierung während des Zweiten Weltkrieges traf Bielefeld schwer, insbesondere beim Luftangriff vom 30. September 1944 wurden große Teile der Stadt beschädigt oder ganz zerstört. Auch die Fabrik an der Lutterstraße blieb von dem Angriff nicht verschont: Viele Dächer brannten aus, die Fenster mussten in den meisten Gebäuden ersetzt werden und Gebäudeteile wurden teilweise zerstört. Besonders hart traf es den Puddingpulverbau: Der gesamte Dachstuhl und das Dachgeschoss brannten aus und das Fundament wurde so stark getroffen, dass eine Gebäudeecke des Baus absackte.
Neben den typischen Produktions-, Büro- und Lagerräumen gab es auch außergewöhnlichere Einrichtungen auf dem Firmengelände. So wurde 1954 ab ein Badehaus zwischen der Lutter- und Robert Bunsenstraße eingerichtet. Zusätzlich den Bädern gab es darin Massage- und Gymnastikräume, wofür extra Bademeister und Masseure angestellt wurden. Zur Benutzung gab es ein passendes Handbuch, welches den Mitarbeitenden die korrekte Benutzung der Anlagen, sowie die gesundheitlichen Vorteile der Sauna erklärte.
1962 wurden neben dem Parkplatz an der Lutterstraße vier Silos für die Lagerung von Zucker und Stärke aufgestellt, die für die Produktion im Puddingpulverbau benötigt wurden. Knapp 40 Jahre wurden die Silos benutzt, bis die Produktion vollständig nach Brackwede umzog. Im Juni 2002 erfolgte dann der Abbau der großen Säule und auf der freigewordenen Fläche wurde der Park im Zentrum des Geländes erweitert.
Das Firmengelände war stets ein Spiegel seiner Zeit: Pferdeställe, Ein Badehaus mit Sauna, eine Tankstelle neben den zahlreichen Parkplätzen für die Mitarbeitenden oder ein riesiges Blumenfeld. Die Fotostrecke mit Luftbildern zeigt die sichtbaren Entwicklungen auf dem Gelände eindrucksvoll:
2005 dann der nächste große Wandel: der über 90 Jahre alte Puddingpulverbau wird zur Dr. Oetker Welt umgestaltet. Das Gebäude behielt seine charakteristische Form bei und vereint Alt mit Neu: Zwischen die alten Türme kommt eine neue Glasfront, durch die man von der Arthur-Ladebeck-Straße und dem Ostwestfalendamm das Puddingwunder bestaunen kann, das ein Jahr nach der Eröffnung des Umbaus aufgestellt wurde. Das Puddingwunder ist Teil unserer Dr. Oetker Welt und spendet tatsächlich frisch angerührten Pudding für Besucherinnen und Besucher. Mehr über die Dr. Oetker Welt und warum du sie sogar in Hamburg bestaunen kannst, hier:
Zusätzlich zum Puddingwunder gibt es noch einen anderen Blickfang, welcher Teil der Skyline Bielefelds ist: Das große Logo auf dem Dach des Verwaltungsgebäudes neben der Dr. Oetker Welt. Der „schwebende“ Hellkopf ersetzte 2007 einen neun Meter hohen Turm, welcher an allen vier Seiten das Markenlogo trug und leuchtete. Dieser wurde ein paar Monate nach der Eröffnung der Dr. Oetker Welt im Winter 2005 aufgebaut und wog 30 Tonnen. Das heutige Modell dagegen wiegt nur ein Zehntel und kann sich drehen.
Fun fact: Durch einen elektrischen Motor schafft der Hellkopf 1 ½ vollständige Drehungen pro Minute!
Nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch der Bereich vor dem Puddingpulverbau hat sich verändert. Die zwei Meter tiefe Betonfläche, auf der sich vorher ein Parkplatz befand, wurde abgerissen und entsiegelt. So kann Regenwasser wieder durch den Boden sickern und zu Grundwasser werden. 2009 wurde auf der Fläche ein Weizenfeld angelegt, um an eine Grundlage der Lebensmittelherstellung – dem Getreide – zu erinnern. Seit 2015 befindet sich hier ein 300m² großes Blumenfeld, auf dem sich Mitarbeitende für einen guten Zweck selbst bunte Blumensträuße zusammenstellen können.
Auch heute können Vorbeifahrende bei uns in Bielefeld immer wieder spannende Dinge entdecken: Aktuell zum Beispiel ein riesiges Arminia Trikot am Parkhaus, das die Unterstützung des Unternehmens für den Heimatverein symbolisiert. Unser Hauptsitz ist somit wie unser Unternehmen immer im Wandel.
Claus-Carsten Andresen
Pressesprecher Unternehmens- und Produktgeschichte / Archiv
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